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Aktuelles

17.11.2022 | Resolution zu den Protesten im Iran

Resolution zu den Protesten im Iran

SPD

Die SPD verurteilt die brutale Niederschlagung der Proteste in der Islamischen Republik Iran aufs Schärfste. Hunderte von Toten, politische Morde, unzählige Verletzte und zehntausende Gefangene, denen drakonische Strafen bis hin zur Todesstrafe drohen, sind erneuter Ausdruck der menschenverachtenden Ideologie und Gewalt des iranischen Regimes.

Die SPD spricht ihre volle Solidarität mit den Protestierenden aus. Dabei gedenken wir der nur 22 Jahre alt gewordenen Jina Mahsa Amini, die im Gewahrsam der sogenannten Sittenpolizei am 16. September mutmaßlich ermordet wurde. Ihr brutal herbeigeführter Tod war Auslöser für die größten Proteste in der Islamischen Republik Iran seit vielen Jahren. Er darf nicht ungeahndet bleiben und muss deshalb restlos ­aufgeklärt werden. Ein Teil des Protestes begreift sich mittlerweile offen als Revolutionsbewegung. Die zahlreichen Demonstrationen werden von Mädchen und Frauen angeführt, die unter dem Motto “Frauen, Leben, Freiheit” gegen ihre Unterdrückung und den staatlichen Repressionsapparat auf die Straße gehen und dafür bewusst ihr Leben riskieren. Daraus haben sich Demonstrationen in allen Teilen des Landes und über alle gesellschaftlichen Schichten hinweg gebildet. Auf diesen Mut blicken wir mit Hochachtung.

Die SPD unterstützt die Forderung der Protestierenden nach einem fundamentalen politischen Wandel im Iran. Die Demonstrierenden stehen für die demokratische Beteiligung der Bevölkerung an der Gestaltung des Landes. Sie fordern Gleichberechtigung, ein selbstbestimmtes Leben und politische Freiheiten. Kurzum: elementare Menschenrechte, die ihnen die Islamische Republik schon seit Jahrzehnten verwehrt. Die mutigen Menschen Irans stehen, unter Einsatz des eigenen Lebens, somit auch für Werte ein, die die Sozialdemokratie teilt.

Die SPD fordert:

Solidarität

Als Sozialdemokrat*innen unterstützen wir die Anliegen der Protestierenden. Wir solidarisieren uns und greifen ihre Forderungen auf. Wir geben ihrem Schicksal Sichtbarkeit, auch jenseits von Hochphasen medialer Berichterstattung. Ebenfalls erklären wir uns solidarisch mit den Anliegen der Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten in Iran, die Gleichberechtigung einfordern.

Diplomatischer Protest

Die Bundesregierung soll sämtliche bi- und multilateralen Kanäle nutzen, um diplomatisch gegen das Vorgehen des Regimes in Iran zu protestieren. Solange das iranische Volk durch brutale Gewalt an seiner Freiheit eingeschränkt wird, kann es keine normalen Beziehungen mit dem iranischen Regime geben.

EU-Menschenrechtssanktionen

Weitere Sanktionen auf EU-Ebene gegen zusätzliche Verantwortliche für das gewaltsame Vorgehen des iranischen Regimes gegen Demonstrierende sollen vorbereitet werden. Wir setzen uns in der Bundesregierung dafür ein, dass EU-Sanktionen gegen jene verhängt werden, die für Menschenrechtsverletzungen in Iran verantwortlich sind. Genutzt werden soll hierfür der an die amerikanischen „Magnitsky-Gesetze“ angelehnte EU-Sanktionsmechanismus. Dabei sollen auch Personen einbezogen werden, die in den Revolutionsgarden und bei den Basidsch-Milizen Verantwortung für Gewalt gegen Protestierende, Oppositionelle und Andersdenkende tragen. Behördliche Strukturen zur Identifizierung von Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen sowie zur Aufspürung von Vermögenswerten sanktionierter Personen müssen umfassend gestärkt werden. Ab sofort sollen Regime-Angehörige keine Visa mehr erteilt bekommen.

Unabhängige Untersuchung von Menschenrechtsverstößen

Die Bundesregierung soll sich dafür einsetzen, dass der UN-Menschenrechtsrat eine unabhängige Untersuchung von Menschenrechtsverstößen beschließt und sich auch finanziell an der Einrichtung beteiligt. Hierbei sollen Indizien und Beweise für eine spätere Strafverfolgung gesammelt werden.

Fonds zur Umgehung der Internetzensur

Wir setzen uns dafür ein, Iraner*innen trotz der massiven Internetzensur durch das Regime den Zugang zum freien Internet zu ermöglichen. Hierfür erforderliche technische und finanzielle Mittel müssen bereitgestellt werden, etwa in Form eines EU- oder Bundesfonds. Das Internet erlaubt nicht nur effektive Kommunikation, sondern auch Zugang zu Informationen und die Dokumentation von Menschenrechtsverstößen und ist deshalb in der aktuellen politischen Situation von essenzieller Bedeutung. Auch deshalb, weil Irans Machthaber aktuell wie auch bei vergangenen Protesten, zuletzt Ende 2019, großflächig die Internetkommunikation erschwert oder ganz verhindert haben.

Systematische Unterstützung der Zivilgesellschaft

Wir setzen uns dafür ein, dass die Bundesregierung weiterhin großzügig Mittel für die iranische Zivilgesellschaft und ihre Freiheitsbewegung bereitstellt. Dazu gehört auch, demokratische zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure aus dem Iran in Deutschland bei ihrer Arbeit zu unterstützen und effektiv zu schützen. Irans Zivilgesellschaft wird vom Regime systematisch unterdrückt. Hunderttausende mussten in den letzten Jahrzehnten aus Sorge um Leib und Leben das Land verlassen. Im Exil wurde die große Kraft der iranischen Zivilgesellschaft nicht zuletzt durch die beeindruckenden Demonstrationen der letzten Wochen und Tage sichtbar. Aus Berlin kam dabei der weltweit lauteste Ruf nach Freiheit und Gerechtigkeit für die Menschen im Iran. Deutschland trägt Verantwortung dafür, diesem Ruf nachdrücklich Gehör zu verschaffen.

Stopp von Abschiebungen nach Iran und Vergabe humanitärer Visa

Bis auf Weiteres müssen sämtliche Abschiebungen nach Iran ausgesetzt werden, sofern von ausreisepflichtigen iranischen Staatsbürgern keine Gefahr für die innere Sicherheit ausgeht. Die Innenminister*innenkonferenz soll diese Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser beschließen. Schutzbedürftige Iraner*innen müssen unkompliziert Visa für Deutschland erhalten. Formale Voraussetzungen hierfür sind großzügig auszulegen. Dies bedeutet auch, dass weiterhin eine diplomatische Präsenz Deutschlands in Teheran vonnöten ist. Unsere besondere Aufmerksamkeit muss bei der Prüfung und Gewährung von Schutz auf geschlechterspezifische Gewalt und Verfolgung in Iran gerichtete werden. Das gebietet nicht zuletzt die Istanbul- Konvention, deren Zielen Deutschland verpflichtet ist.

Patenschaften von Abgeordneten

Sozialdemokratische Abgeordnete des Bundestags, des EU-Parlaments und der Länderparlamente sollen Patenschaften für inhaftierte iranische Aktivist*innen, Gewerkschafter*innen, Journalist*innen und andere Iraner*innen übernehmen. Auf diese Weise bringt die Sozialdemokratie Solidarität zum Ausdruck und erzeugt anhaltende Aufmerksamkeit für das Schicksal der Betroffenen.

Keine Atomwaffen für den Iran!

Das Erlangen der Fähigkeit durch Iran, künftig Nuklearwaffen zu bauen, würde eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Menschen in Iran selbst, im Nahen Osten insgesamt und nicht zuletzt für die Existenz Israels bedeuten. Die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen ist darüber hinaus auch ein globales Interesse der internationalen Gemeinschaft. Mit internationalen Bemühungen in Kooperation mit unseren internationalen Partnern in der G7 und darüber hinaus sowie den Verhandlungen über das JCPOA wollen wir dies verhindern.

Den kompletten Text als PDF gibt es hier

beschlossen am 6.11.2022